Ponyhof Österreich
Kajakchallenge Salza 2011
Input eines anonymen Teilnehmers, der Thorstens Account nutzen darf ...
Liebes Tagebuch,
Cheffe is nervös, hier sind Tagesberichte gefragt, damit die Sponsoren auch 2012 wieder willig sind und die Spendierhosen anziehen. Ok, angesichts der super Ausstattung des Bus fair enough. Ich bin blutiger Anfänger, bisher mit Monika von der Kanuschule Essen in 2010 3 Stunden auf der Ruhr gewesen und im Größenwahn einmal einen Nachmittag eskamotieren (hört sich an wie Liebe Machen mit Nordpolfrauen) in Essen Borbeck, das waren Lektionen in Demut. Somit Null Wildwasser Erfahrung. Also hat meine Frau uns beide angemeldet, weil es auf der Ruhr soviel Spass gemacht hat…
Tag 1: Anreise, kennenlernen, dankenswerterweise keine dämlichen Kennenlernspiele. Die Guides darf man nicht Teamer nennen, rasieren scheint hier keine Pflicht zu sein :-) sehr gut, Komfortzone. Küchenzelt steht, Campingplatz in Wildalpen liegt direkt am Wasser, die anderen Teilnehmen alle gefühlt zwischen 30 und 50 Jahren und nette Menschen. Anprobe der Klamotten führt zu lustigen Szenen, Presswurst trifft Schlabberneo. Jetzt Kajakprobesitzen. Ich bin 1,83, lange Beine, kurzer Rücken, 74kg. Pico weist mir zielsicher Lettmann (nein, nicht Letterman) Granate zu, wer textet eigentlich solche Namen beim Hersteller? Rot wie das Sakko von meinen Kunden aus der IT Branche, aber ich passe gut rein. Sitzt, wackelt, hat noch Luft, ich schwitze schon vom vielen Umziehen. Meine größte Angst ist beim Kentern nicht rauszukommen. Spritzdecke drauf, das geht hoffentlich später im Wasser besser… Um direkt das Manko anzusprechen, die Scheiss Spritzdecke geht ob trocken oder nass immer nur mit unfassbarer Kraft drauf, wenn man vorne fest zieht fliegt mir hinten der Rest um die Ohren … Pico klärt auf, das soll beim Hersteller als Problem erkannt sein, die aktuellen Modelle haben einen besseren Rand.
Wir haben gefühlte 18 Grad Celsius Lufttemperatur, Klamotten in den Bus, Stromaufwärts, Ausladen, umziehen, reinsetzen, los geht's. Theorie war schon im Zelt, aufwärmen wie zu Opa Jahns Zeiten, vorbildlich …
Jetzt verstehe auch, warum ich im Vorfeld keine Temperaturangaben im Internet zur Salza gefunden habe. Erste Probekenterung für alle Teilnehmer bringt Klarheit.
Erkenntnis Nr. 1:
Die Salza ist arschkalt.
8 Grad Celsius Wassertemperatur (Fucking ACHT), Schnappatmung, der Körper reduziert die Blutzirkulation auf die zum Überleben notwendigen Organe (Leber und Co), das stand so nicht im Reisekatalog. In der Türkei gäbe es jetzt 30% Reisekostenerstattung in in USA wäre ich Millionär, hier nur müdes Grinsen von Theater Rene (Akzente Tegü?!), Mitleid und Anerkennung wäre das mindeste. Die Mädels zucken nicht mal, als bekennender Warmduscher will ich nur aufn Arm. Ich bin überzeugt, der Österreicher Tourismusverband hat festangestellte, die im Internet Temperaturangaben gezielt löschen.
Bei der Vorstellung habe ich gesagt, geradeaus fahren kann ich schon, erste Schläge beweisen das Gegenteil. Die Gruppe teilt sich in Anfänger und Fortgeschrittene, ich mache drei Kreuze, dass ich einmal nicht zu übermütig war und bei den Anfängern bin.
Das ganze ist kein Ponyhof, hier wird trainiert, rückwärts traversiert, zum warmfahren erstmal 9 km. Hört sich harmlos an, bin ja sportlich, aber ich mache drei Kreuze als wir wieder am Bus sind.
Erkenntnis Nummer Zwei:
Paddeln ist anstrengend
Erkenntnis Nummer Drei:
Durch kleine Wellen fahren ist leichter als gedacht und macht MegaSpass.
Am Tag 2 verliert sich auch die Angst zu kentern, Deds Todesfraktur an der Socca (gute Besserung und liebe Grüße) und weitere Angstberichte machen wenig Lust auf Kopfstand unter Wasser. "Nasenklammer braucht kein Mensch" (Pico) kommt mir in Erinnerung, als ich Harald nachahme und eine Eskimorolle probiere. Ich hatte ja auch nicht erwartet, rumzukommen, aber die Nase ist wieder 1a frei.
Rene entpuppt sich als argentinischer Feuergott, Pico stellt erste Zeichen von Skorbut an sich fest, ist wie Stadtranderholung für Große.
Tag 3
Jetzt dürfen auch wir ins Wildwasser (liebe Kanumagazinleser, ja, es gibt Wesen auf dieser Welt, für die Wildwasser 1 eine Herausforderung ist).
If you have everything under control, you just Don´t drive fast enough. Stirling Moss Zitate helfen zur verbalen Überbrückung meiner technischen Defizite. Mären fährt heute mit, hat ein Spielboot dass mich an meinen Joggingschuh erinnert, gleiche Größe. Ich bin überzeugt, dass Sie entweder Schlangenmensch ist oder beide Beine kurzfristige brechen/amputieren/einfahren kann, mir ein Rätsel, wie Sie in den Staubsaugerbeutel reinpasse (ich hoffe, hiermit einen Kampfnamen für Ihr Piranha Boot erschaffen zu haben.
Die Fortgeschrittenen sind Weicheier und üben Rettung in der Theorie, ein Anprall eines Teilnehmerknöchels führt bei uns zum learning by doing. Theater Renne (immer wenn ich Teamer schreibe macht das supertolle MacBook Pro mit oranger Gummizierleiste des Sponsors da Theater draus, Bug oder Feature?) schmeisst den Wurfsack wie Jo Montana, wir warten noch kurz auf die Schlümpfe in Ihren Gummibooten, dann wird unser Notfall geborgen. Ich drücke die Daumen, sonst ein Supertag.
Auf dem Campingplatz sind lustige Gestalten, kann ich nur Empfehlen, Opi fährt mit dem Hochrad durch die Gegend, eine Bus aus PI (Kennzeichen die ich nicht kenne sind immer Ossis) im Gefühlten Neupreis von 200.000 Euro lässt das Mobile Home von Pico leicht verblassen.
Die haben bestimmt sogar Rasierspiegel in der Kiste und Orangen gegen Skorbut.
Ich habe heute Küchendienst, gemeinsame Speisewahl ist vergleichbar mit der Wahl des Lehrerzimmers zum gemeinsamen Lehrerausflug, ich habe Spass. Der Opa mit dem Hochrad schiebt weiter über den Campingplatz, ich muss jetzt los, Judiths Paddel einpacken.
Wie ist eigentlich der Kajakgruss? Kajak Heil? got balls, use them? Rene, Pico, ich hab da mal ne Frage.
Liebe Grüße vom AdW, Euer Pupshasi