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Tag 5 – Sanna

14.07.2011 von Juergen aus Bonn

Nach einem heftigen Unwetter am Vorabend, stieg der Wasserstand des Inn signifikant. Wassermassen, die farblich an Milchkaffee erinnerten, stürzten talwärts. Zum Glück hatte Picco an seinem freien Tag einen Blick auf die Sanna geworfen und diese für fahrbar befunden.

Die Sanna entsteht am Zusammenfluss von Rosanna und Trisanna und mündet nach wenigen Kilometern in den Inn. Unter Paddlern gilt die Sanna als „Hausbach“ für alle diejenigen, die auf dem Campingplatz in Landeck logieren. Der Fluss wurde vielfach beschrieben und ist hinlänglich bekannt. Seit einem Hochwasser im Jahr 2005 soll er an Reiz verloren haben. Ob dies der Fall ist, kann ich nicht beurteilen. Die Literatur spricht von wuchtigen und technisch anspruchsvollen Schwällen und Katarakten. Immerhin hatte ich Teile der Sanna vor einigen Jahren rund um das „Schiefe Eck“ im Rahmen eines Sicherheitskurses schwimmend kennen lernen dürfen.

Bekannt als schwierige Stellen sind das sog. „Schiefe Eck“ und der „Pianser Schwall“. Das „Schiefe Eck“ soll seit besagtem Hochwasser an Schwierigkeit verloren haben. Den Pianser Schwall beäugten wir während der Anfahrt vom Truck aus. Mit diversen Walzen und vielen Wellen sah der Schwall ziemlich beeindruckend aus. Allerdings konnte man die Höhe der Wellen und Walzen vom Auto aus schwer beurteilen.

An der Einstiegestelle am linken Flussufer zwischen Pians und dem Zusammenfluss von Rosanna und Trisanna waren wir schon dichter am Geschehen. Vom Ufer aus wirkten die Wellen nicht allzu mächtig. Allerdings strömte der Fluss, der verglichen mit dem Inn relativ schmal erscheint, mit einer konstanten, relativ hohen Geschwindigkeit talwärts. Der erste Eindruck erinnerte an die Scuolser Schlucht.

Mit Booten auf dem Fluss wirkten die Wellen schon etwas grösser und vom eigenen Boot aus gesehen erschienen sie in Kombination mit den zahlreichen Felsen im Fluss noch größer. Die Geschwindigkeit des Flusses in Kombination mit der Verblockung erforderte stete Konzentration. Der Adrenalinspiegel stieg kontinuierlich, je näher wir dem „Schiefen Eck“ kamen. Kehrwässer, die groß genug für alle gewesen wären, hatten Seltenheitswert, da die Ufer der Sanna seit dem Hochwasser im Jahr 2005 weitgehend befestigt sind. Die beliebte „Wolkenformation“ war daher eher nicht angesagt. Auf Piccos Spuren tanzten wir auf den Wellen talwärts und wichen dabei etwaigen Walzen und Steinen aus. Ohne Picco an der Spitze hätten wir die Ideallinie sicher nicht so reibungslos gefunden. So näherten wir uns in geordneter Formation dem „Schiefen Eck“, hielten uns in der Innenkurve und umschifften die gröbsten Hindernisse. Hinter dem „Schiefen Eck“ wurde der Fluß etwas flacher, meine Pulsfrequenz senkte sich um einige Schläge. Aber nach kurzer Zeit nahmen das Gefälle und die Fließgeschwindigkeit bei einer Verengung des Flussbettes wieder zu. Ziemlich rasant fädelten wir uns unter Picco’s Führung in eine lang gezogene Rechtskurve ein und sahen den Pianser Schwall vor uns.

Vom Boot aus betrachtet wirkte das Ganze deutlich wuchtiger als aus dem Fenster des Trucks. Viel Zeit zum Überlegen blieb allerdings auch nicht. Von der rechten Seite aus gelangten wir durch zahlreiche Wellen vorbei an Felsen und Walzen nahezu ohne Schwimmeinlage in die Nähe des „Magnetfelsens“. Oberhalb desselben tänzelte eines der Sponsorenboote längere Zeit führerlos in einer kräftigen Walze. Nach einigen Minuten entschloss es sich dann aber doch zur Weiterfahrt und konnte in ein Kehrwasser bugsiert werden. Beherzt schwimmend gelangte auch der zum Boot gehörende Paddler wieder zu seinem Gefährt. Schwimmen ist in der Sanna schon wegen der Temperatur des Wassers und der zahlreichen Felsen kein Vergnügen – Rollen wegen der stark variierenden Wassertiefe allerdings auch nicht.

Unterhalb des Pianser Schwalls nahmen die Schwierigkeiten etwas ab. Der Fluß behielt aber seine kontinuierliche Geschwindigkeit bei und bot uns weiterhin eine abwechslungsreiche Fahrt. Viel zu schnell erreichten wir die Ausstiegstelle an der Mündung des Inn. Der Ritt auf der Sanna hatte viel Spaß gemacht. Für einen Flusspunkt hätte es zwar nicht gereicht, aber das störte wirklich niemanden. Beim nächsten Mal könnte man bei etwas niedrigerem Wasserstand vielleicht das eine oder andere Kehrwasser in der Flussmitte ansteuern (Pegel in Landeck ca. 80 cm).

juergen

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